Mika – Ein Jahr voller kleiner und großer Schritte Ein persönlicher Rückblick aus dem Spielraumjahr 2015 von Lisa
Als ich Mika im Frühjahr 2014 im Rahmen meines Freiwilligen Sozialen Jahres bei AuJA-Spielräume kennenlernte, war mir noch nicht bewusst, wie sehr mich dieser kleine Junge beeindrucken würde. Seitdem begleite ich ihn regelmäßig drei Mal pro Woche für jeweils zwei bis vier Stunden – mal zu Hause, mal im Kindergarten. In dieser Zeit durfte ich erleben, wie viel Entwicklung in kleinen Schritten möglich ist, wenn Vertrauen, Geduld und echte Beziehung die Basis bilden.
Wachstum in Sprache und Sozialverhalten
Mika hat sich im letzten Jahr enorm verändert. Seine Fähigkeit, Bedürfnisse zu äußern und Konflikte mit kleinen "Deals" zu entschärfen, ist deutlich gereift. Er erwartet mich inzwischen mit konkreten Spielideen und kreativen Vorstellungen. Die Spielzeit ist für ihn zu einem festen, wichtigen Ritual geworden.
Im Spielraum fördern wir gezielt die Interaktion – Blickkontakt, Sprache, Flexibilität und fantasievolles Spiel stehen im Mittelpunkt. Wichtig dabei: alles geschieht auf Augenhöhe und mit Rücksicht auf Mikas Tagesform.
Vom starren Muster zur offenen Fantasie
Früher bestand Mika auf bestimmte Rollen und Themen wie Polizei und Diebe. Heute ist er offener für neue Ideen. Er kombiniert spielerisch Ritter mit Piraten oder verwandelt sich vom Polizisten auch mal in einen Drachen. Wenn seine Stimmung gut ist, lässt er sich sogar auf neue Spielformen ein. Nur bei schlechter Laune hält er stark an Vertrautem fest.
Frustreaktionen wie Schreien oder das Werfen von Spielsachen, wie sie zu Beginn noch vorkamen, sind fast verschwunden. Das liegt auch daran, dass wir gelernt haben, seine Stimmung frühzeitig zu erkennen und darauf einzugehen. Manchmal spielen wir sogar Gruppenspiele wie "Ochs hinterm Berg" oder "Plumssack", um auf spielerische Weise Blickkontakt und Interaktion zu stärken – etwas, das Mika in der geschützten Spielraum-Atmosphäre inzwischen genießen kann.
Herausforderungen bleiben – aber auch die Erfolge
Was nach wie vor herausfordernd ist: alles Neue. Ob Menschen, Orte oder ungewohnte Kleidung – Mika begegnet Veränderungen oft mit Widerstand. Auch seine Wahrnehmung von Raum und Zeit fällt ihm schwer. Besonders sensibel reagiert er auf sensorische Reize und zeigt deutlich, wenn ihm etwas zu viel wird – verbal oder durch körperliche Zeichen wie Schwitzen, Augen zukneifen oder sich kratzen.
Trotzdem: Mika hat gelernt, besser über seine Bedürfnisse zu sprechen. Er sagt inzwischen, wenn er Ruhe braucht oder eine Pause will. Und er kümmert sich sogar rührend um seinen kleinen Bruder Luis, wenn dieser weint.
Wenn Emotionen überrollen
Es gibt aber auch Momente, in denen Mika von seinen Gefühlen überrollt wird. Zum Beispiel, wenn eine neue Person im Spielraum auftaucht. Dann kann es passieren, dass er sich nicht mitteilen kann – stattdessen schreit er, schwitzt, zieht sich zurück oder wird körperlich. Diese Situationen sind schwer vorhersehbar und zeigen, wie wichtig Verlässlichkeit und Sicherheit für ihn sind.
Alltag – eine tägliche Herausforderung
Die täglichen Abläufe wie Anziehen, Körperpflege oder Einschlafen sind nach wie vor mit großem Aufwand verbunden. Ohne ständige Motivation und Unterstützung geht es nicht – vom Zähneputzen bis zum Haarewaschen. Besonders nachts, wenn Mika keine Windel tragen möchte, entstehen oft emotionale Krisen. Zwischen Wut und Verzweiflung schwankt er dann, sucht Nähe und lehnt sie gleichzeitig ab.
Ein Lichtblick: der Fasching im Kindergarten
Trotz aller Herausforderungen gab es 2015 auch ein ganz besonderes Highlight für Mika: eine Stunde Teilnahme am Kinderfasching im Kindergarten. Was für andere Kinder selbstverständlich scheint, war für Mika eine riesige Leistung – sowohl körperlich als auch psychisch. Der Weg dorthin war lang und mühsam, aber der Stolz in seinen Augen hat alles aufgewogen.
Fazit: Fortschritt durch Vertrauen
Wenn ich auf dieses Jahr zurückblicke, sehe ich nicht nur die Herausforderungen – ich sehe auch, wie viel Mika gelernt hat. Wie sehr er gewachsen ist. Und wie wichtig es ist, Kinder wie ihn in ihrem Tempo, mit Geduld und Liebe zu begleiten.
Mika fordert Spielzeit ein, freut sich auf neue Abenteuer und hat in uns ein Team gefunden, das ihn sieht, hört und versteht. Das ist nicht selbstverständlich – aber es macht den Unterschied.
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