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Alleingelassen im System – ein Hilfeschrei einer Mutter - Schulpflichtbefreiung / Online-Beschulung 2023 bis jetzt



Ich bin die Mutter eines wunderbaren, hochintelligenten, hochsensiblen Jungen. Mein Sohn ist Autist. Er leidet unter Zwangsstörungen, einer posttraumatischen Belastungsstörung, emotionalen Erschöpfungszuständen. Und er hat mich gebraucht. Aber ich frage mich immer wieder: Wo war das System, das uns hätte auffangen sollen?

Seit Oktober 2023 versuche ich, Hilfe zu bekommen. Keine Almosen, sondern rechtlich zustehende Eingliederungshilfe. Ich habe geschrieben, gefleht, erklärt. Ich habe Atteste, Gutachten, Stellungnahmen gesammelt – die alle das Gleiche sagen: Mein Sohn kann nicht mehr in die Schule gehen. Es ist für ihn eine Qual. Eine Gefahr für seine psychische Gesundheit.

Und trotzdem: nichts. Ein monatelanges, kafkaeskes Hin und Her. Anträge werden ignoriert, verschleppt, zerpflückt. Alles, was ich vorschlage – wird zerredet. Selbst als die Schule meines Sohnes offen zugab, dass die Inklusion gescheitert ist und Online-Beschulung für ihn der beste Weg wäre, hat das Jugendamt gezögert. Wir mussten einen Eilantrag beim Gericht stellen. Und selbst das Verwaltungsgericht musste einräumen: Ja, das Kind braucht Hilfe. Sofort.

Warum also mussten wir klagen? Warum musste ich über ein halbes Jahr lang kämpfen, während mein Sohn immer weiter vereinsamte, sich in Waschzwängen verlor, sich selbst verletzte, weil er die Keime „von draußen“ nicht loswurde?

Das ist nicht nur fahrlässig. Es ist unmenschlich.

Der Gipfel: Während das Jugendamt zu langsam, zu vorsichtig und zu unentschlossen handelt, droht es im nächsten Atemzug mit dem Entzug des Sorgerechts. Plötzlich wird das Wort „Kindeswohlgefährdung“ in den Raum geworfen – als ob ich nicht alles tun würde, um genau das zu verhindern. Man hat uns nicht beschützt. Und jetzt tun sie so, als müssten sie mein Kind vor mir beschützen.

Was ich gelernt habe: Du kannst zehn Jahre lang eine gute Mutter sein, du kannst alles geben, dich aufopfern – und trotzdem wird dir nicht geglaubt. Du wirst in Frage gestellt. Deine Stimme zählt weniger als die einer kalten Verwaltung, die keine Ahnung von deinem Alltag hat.

Ich bin nicht nur müde. Ich bin wütend.

Aber ich werde nicht aufgeben. Denn mein Sohn braucht mich. Und ich weiß jetzt, dass er sich nicht auf das System verlassen kann. Aber auf mich kann er es. Immer.



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