Es gibt Erlebnisse, die brennen sich so tief ein, dass man sie nie mehr vergisst. Der Tag, an dem ich das Gutachten der vom Jugendamt beauftragten Psychiaterin in den Händen hielt, war so ein Tag. Ich wusste: Das wird alles verändern. Und leider nicht zum Guten.
Ich bin Mutter eines autistischen Kindes. Mein Sohn ist hochfunktional, hochsensibel, klug – und ein Mensch mit ganz speziellen Bedürfnissen. Seine Zwangshandlungen, seine Reizoffenheit, seine tiefe Überforderung mit dem Lärm und Chaos in der Schule – all das haben wir gemeinsam getragen. Jahre lang. Ich habe gekämpft, organisiert, beantragt, dokumentiert – und immer gehofft, dass Hilfe kommt. Richtige Hilfe. Nicht Kontrolle. Nicht Druck. Nicht Drohungen.
Und dann kam das Gutachten.
Eine Psychiaterin, die ihn nie wirklich kannte. Ein paar Gespräche (sie hatte 3 mit meinem Sohn)– und ein Urteil, das uns den Boden unter den Füßen wegriss: Plötzlich galt nicht mehr, was unsere vertrauten Therapeut:innen, sein Schulbegleiter, die Lehrer, ja sogar das Gericht bestätigt hatten. Auch die Autismus Diagnose, die 4x von unabhängigen Stellen in 12 Jahren gestellt wurde, Stattdessen: ein einseitiges Urteil. Nicht differenziert, nicht auf Augenhöhe. Es war kein Gutachten – es war ein Freifahrtschein für die Jugendhilfe, um uns fallen zu lassen.
Und genau das passierte.
Alle Hilfeleistungen wurden gestrichen.
Der persönliche Schulassistent – gestrichen.
Die Eingliederungshilfe – abgelehnt.
Unser Vorschlag der Online-Beschulung – ignoriert.
Stattdessen: Die Drohung, mein Kind in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen, denn wenn ich das nicht mache, wäre das Kindeswohlgefährdung!!!!!
Ich, die jahrelang Tag und Nacht für dieses Kind da war, sollte plötzlich die Gefährdung sein.
Warum? Weil ich mich schützend vor mein Kind gestellt habe. Weil ich Nein gesagt habe zu Zwang und Übergriffigkeit. Weil ich gewagt habe, für ihn das einzufordern, was ihm zusteht.
Was mich daran am meisten erschüttert: Wie viel Macht ein einziges, zweifelhaftes Gutachten in diesem System haben kann. Und wie schnell eine Familie, die ohnehin schon am Limit kämpft, kriminalisiert und diskreditiert wird.
Es geht hier nicht nur um uns. Es geht um ein System, das Autismus nicht versteht. Das individuelle Lösungen scheut wie der Teufel das Weihwasser. Das lieber Kinder bricht, als neue Wege zu gehen.
Aber ich bin nicht gebrochen.
Ich bin wütend. Und klar.
Ich werde weiter schreiben. Weiter sprechen. Weiter kämpfen.
Für meinen Sohn. Für alle anderen Kinder, die gerade in ähnlichen Situationen stecken.
Und für ein System, das endlich menschlicher wird.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen
Crazybeatautismus@gmail.com