Wenn Reisen mehr sind als Orte: Unterwegs mit Autismus und Liebe Winterferien 2025 Reise nach Stuttgart ♥︎
Es war Winter. Eigentlich wollten wir einfach nur weg. Raus. Eine Auszeit. Ein paar Tage. Nichts Weltbewegendes – dachten wir. Und doch wurde es eine Reise, die mich wieder einmal daran erinnert hat: Autismus macht nichts leicht, aber vieles tief.
4 Uhr morgens. Schnee. Sturm. Und zwei Jungs, die mich täglich lehren, was Stärke bedeutet.
Wir standen auf – Mika, mein autistischer Sohn, und Luis, sein kleiner Bruder. Beide standen ohne zu murren auf, zogen sich an, obwohl der Tag noch nicht einmal begonnen hatte. Ich war dankbar für diesen stillen Anfang, denn draußen tobte das Chaos. Schneesturm. Keine geräumten Straßen. Die Zeit gegen uns.
Unser Ziel? Der Flughafen. Stuttgart. Ein lang geplanter Trip. Ein Hotel. Ein Grab. Eine Freundin aus alten Zeiten. Und vor allem: gemeinsame Zeit.
7 Minuten zu spät. Und alles zerbricht.
Wir erreichten den Flughafen – zu spät. Der Check-in war geschlossen. Die Sätze des Eurowings-Mitarbeiters klangen wie ein Urteil: „7 Minuten zu spät.“
Ich konnte es nicht fassen. All die Planung, alle Vorkehrungen, alles durchgerechnet. Alles – für nichts?
Und dann stand ich da. Mit zwei Jungs. In einem Schneesturm. Vor einem neuen Flugschalter. Drei neue Tickets. Vier Stunden Wartezeit. Und ein autistisches Kind kurz vor der Überreizung.
Wenn Wasser die Rettung ist
Während andere rauchen, Kaffee trinken oder am Handy scrollen, reguliert sich Mika mit Wasser. Er trinkt es ruhig, bewusst – wie ein Anker. So hat er es sich selbst beigebracht. Und genau das rettete ihn in diesen Stunden.
Er war still. Aber präsent. Stark. Und ich war stolz. Mehr als Worte sagen könnten.
Ankommen ist nicht dasselbe wie da sein
In Stuttgart angekommen, waren wir noch lange nicht angekommen. Neues Leihauto – die Reservierung war mit dem Flug dahin. Noch mehr Stress. Noch mehr Warten. Und dann: endlich im Hotel.
Und dort, in der Tiefgarage, brach Mika zusammen. Nicht laut. Nicht dramatisch. Er wollte einfach nicht mehr raus. Ich kannte das schon. Früher ist er einfach weggelaufen. Jetzt bleibt er im Auto sitzen. Das Auto – sein Kokon. Sein Rückzugsort. Sein Schutz.
Ich ließ ihn. Machte Fotos vom Weg: Garage, Aufzug, Flur. Alles leer. Alles leise. Damit er wusste, was kommt. Damit er sich vorstellen konnte, was auf ihn wartet.
Und er kam.
Ein Badezimmer kann ein heiliger Ort sein
Mika verbrachte viele Stunden im Bad. Warm. Sicher. Still. Und das war in Ordnung. Kein Druck. Kein „du musst“. Einfach sein. Auch Luis verstand das.
Wir bestellten KFC, lachten, redeten. Luis und ich gingen Donuts holen – für Mika. Und für uns.
Ein Hotelzimmer als Schutzraum
In diesen Tagen war unser Hotelzimmer mehr als ein Ort zum Schlafen. Es war ein Raum, in dem wir atmen konnten. Ohne Termine. Ohne Erwartung. Ohne Druck. Mika war frei. Luis war glücklich. Ich war erschöpft – aber friedlich.
Und Mika? Sagte am Ende: „Es hat mir gefallen.“
Mehr brauche ich nicht.
Rückfahrt mit Sonnenlicht. Und einem Versprechen eingelöst.
Zuhause wartete Mikas ganz persönliches Highlight: eine heiße Badewanne im Garten. Ich hatte es ihm versprochen. Und ich habe es gehalten.
Ein Versprechen gegen die Kälte der Welt. Gegen den Druck da draußen. Gegen alles, was so oft nicht gesehen wird.
Er saß darin – umgeben von Dampf, Schaumbergen, Ruhe. Und ich wusste: Das ist es. Das ist alles. Und das reicht.
Für alle Eltern da draußen:
Manche Reisen beginnen nicht mit einem Ticket. Sondern mit einem inneren Mut.
Autistische Kinder brauchen nicht mehr Disziplin – sie brauchen mehr Verständnis.
Sie brauchen keine „Förderung“, sondern Räume, in denen sie sein dürfen. So, wie sie sind.
Und wir Eltern?
Wir sind nicht falsch.
Wir sind vielleicht einfach nur müde.
Aber wir sind da. Und das zählt.
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